Jörg Grigoleit ist nach 25 Jahren als Verwaltungsdirektor und Geschäftsführer in der Havelland Kliniken GmbH in den Ruhestand gegangen. Sein Nachfolger ist Thilo Spychalski. Nach seinen ersten einhundert Tagen im Amt stellte der neue Chef nun seinen Plan für die kommenden Jahre vor. Dabei geht es vor allem um das große Problem Personalgewinnung, um die aktuelle Energiekrise und um den geplanten Bau von einem eigenen Hospiz.
Thilo Spychalski ist 54 Jahre alt, wohnt in Kleinmachnow, ist Diplom-Volkswirt und stammt aus Koblenz im Rheinland. Seit 27 Jahren arbeitet Thilo Spychalski bereits im Gesundheitswesen, zuletzt als Geschäftsführer der Caritas Gesundheitshilfe Berlin.
Vor gut einhundert Tagen hat der Vater von zwei inzwischen erwachsenen Kindern einen für das Havelland sehr wichtigen Posten übernommen. In der Havelland Kliniken GmbH folgt er als Geschäftsführer auf Jörg Grigoleit, der in den Ruhestand gegangen ist. Der neue „Chef“ artikuliert sehr klar: „Ich habe noch 13 Jahre Arbeitszeit vor mir. Es ist mein erklärtes Ziel, diese Zeit hier vor Ort in den Havelland Kliniken zu verbringen und die gute Arbeit, die Jörg Grigoleit vor mir geleistet hat, fortzuführen. Ich habe auch ganz klar den Wunsch, selbst ins Havelland umzuziehen, das ich gerade erst kennenlerne. Ich schaue mich bereits nach möglichen Objekten um.“
Der Posten in den Havelland Kliniken hat Thilo Spychalski so gereizt, dass er sich bereits 2020 initiativ beworben hat, obwohl die Stelle des Geschäftsführers noch gar nicht ausgeschrieben war: „Ich denke in Versorgungsketten. Genau das reizt mich an meinem neuen Posten so sehr. Die Havelland Kliniken GmbH deckt die Versorgung im ganzen Landkreis Havelland auf besonders vielfältige Weise ab. Die Übergänge zwischen unseren verschiedenen Einrichtungen zum Wohle der Menschen zu verbessern, das ist für mich ganz besonders wichtig. Ich versuche, die Lücken im Angebot zu finden und zu ergänzen. Um den Bedarf der Menschen herauszufinden, nehme ich mir viel Zeit, um etwa mit den Bürgermeistern im Landkreis zu sprechen. Mit Ministerin Ursula Nonnemacher gab es auch schon einen Termin. Natürlich führe ich auch mit unseren 180 Führungskräften ausführliche Gespräche. Schon jetzt wird dabei klar, dass uns neben einer Palliativstation auch ein eigenes Hospiz fehlt. Ich habe in der Vergangenheit gelernt: Wer im Gesundheitswesen unterwegs ist, baut eigentlich immer. Ich habe in der Vergangenheit ganze Kliniken gebaut und werde auch in meiner neuen Position zwei, drei Bauprojekte anschieben. Auch die ambulante Versorgung mit Fachärzten ist insbesondere im ländlichen Bereich ein großes Problem. Hier müssen wir über den Einsatz von Ärztebussen oder der Telemetrie nachdenken.“
Das Geld wird in der Unternehmensgruppe vor allem in den beiden Kliniken verdient. Personalnot und die Corona-Maßnahmen haben dazu geführt, dass die Krankenhäuser oft nur mit angezogener Handbremse oder gar nicht arbeiten konnten. Das führt dazu, dass die Bilanz der GmbH für das laufende Geschäftsjahr wohl erstmals ins Minus rutscht. Obwohl die anderen sechs Unternehmensbereiche alle im positiven Bereich wirtschaften.
Thilo Spychalski: „Der Weg zurück zur Wirtschaftlichkeit ist ein wichtiges Ziel. Hier ist es ein Glück, dass wir ein öffentlicher Träger sind. Ich kann auch ganz klar sagen, dass wir unsere Wirtschaftlichkeit nicht wiederherstellen, indem wir Mitarbeiter entlassen. Uns gehen eher die Mitarbeiter aus als das Geld. Ganz im Gegenteil ist es angesichts des Fachkräftemangels von großer Bedeutung, neue Mitarbeiter zu finden, und die, die wir bereits haben, zu halten. Die Meta-Strategie ist es, eine attraktive Arbeitgebermarke zu sein, sodass die Menschen gern bei uns arbeiten. Aus diesem Grund plane ich die Umsetzung von familienfreundlichen und flexibleren Arbeitszeiten, ohne dass wir dabei das 3-Schichten-System aufgeben. Wir beschäftigen uns auch damit, an beiden Klinik-Standorten einen eigenen Betriebskindergarten aufzubauen.“
Um in Zukunft ausreichend Mitarbeiter in den beiden Kliniken einsetzen zu können, führt für Thilo Spychalski kein Weg an der Ausbildung vorbei. Die eigene Pflegefachschule in Nauen gleich gegenüber vom Krankenhaus platzt aber aus allen Nähten: „Die Ausbildungsstätte ist zweizügig angelegt, zuletzt haben wir sie 3,5-zügig gefahren. Weiteren Bewerbern mussten wir leider aus Platzgründen absagen.“
Bereits seit geraumer Zeit möchte die Havelland Kliniken GmbH deswegen noch einmal neu bauen und das bestehende Gebäude spiegeln, um so mehr Raumkapazitäten zu schaffen. Um dieses finanzielle Engagement bezahlbar zu machen, wurden Fördergelder beantragt. Spychalski: „Seit drei Jahren passiert hier leider nichts. Dabei möchte die Regierung doch mehr Ausbildung ermöglichen. Um keine Zeit zu verlieren, haben wir einen vorzeitigen Maßnahmebeginn beantragt, ohne dass dadurch die Fördermittelzuweisung gefährdet wird.“
Bei den Bewerbungen muss sich der neue Chef aber auch mit einer ganz neuen Generation an Bewerbern auseinandersetzen. Thilo Spychalski: „Für die neue Generation ist der Beruf keine Berufung mehr. Das geflügelte Wort von der Work-Life-Balance gewinnt immer mehr an Bedeutung. Damit müssen wir umgehen lernen. Unsere Führungskräfte stammen oft noch aus einer anderen Generation. Da beißt es sich mitunter im Führungsstil.“
Aber zurück zur Wirtschaftlichkeit. Hier muss sich das Krankenhaus nicht nur mit ausgefallenen und verschobenen Operationen und den deswegen ausgebliebenen Einnahmen beschäftigen. Auch die Energiekrise sorgt für Defizite auf dem Kontoauszug. Thilo Spychalski: „Ein Krankenhaus ist ein sehr energie-intensiver Betrieb. Zwischen September 2021 und September 2022 sind durch die Kostensteigerung im Energiebereich Mehrkosten von 1,5 Millionen Euro allein in den Kliniken angefallen. Das sind Ausgaben, die über die Patienten nicht refinanziert werden können. Hier ist der Bund zuständig. Minister Lauterbach möchte ja acht Milliarden Euro zur Stützung der Krankenhäuser ausschütten. Aber wann und wie diese Gelder einmal bei uns ankommen, das wissen wir noch nicht.“
Die Energiekrise führt auf jeden Fall dazu, dass Thilo Spychalski auch über eine Energieeinsparung nachdenkt: „Wir überlegen, wie wir die Klinik energieautarker gestalten können. Ein entsprechendes Gutachten liegt bereits vor. Die aufzuwendende Summe fällt für dieses Investment erstaunlich niedrig aus. 1,5 Millionen Euro würden bereits ausreichen, um die Klinik so umzustrukturieren, dass wir 30 Prozent unserer Energie einsparen könnten. Sogar einen möglichen Strom-Blackout könnten wir auf diese Weise für die Zukunft abwenden. Es wäre deswegen sehr wünschenswert, wenn Bund und Land uns die Mittel für die energieautarke Umgestaltung zur Verfügung stellen würde.“
Auch der Standort Rathenow treibt den neuen Klinikchef um. Spychalski: „Rathenow befindet sich in einem strategischen Schwebezustand. Hier müssen wir wieder ganz von vorn anfangen. Klar sagen kann ich schon jetzt: Es wird weiterhin ein Krankenhaus in Rathenow geben und das wird sich nicht nur um die Altersmedizin kümmern. Auch für Geburten wird Rathenow weiter zur Verfügung stehen. Es muss nur noch geklärt werden, in welcher Form das der Fall sein wird. Bis zum Ende des Jahres soll hier Klarheit herrschen, wir arbeiten dazu in einem Zukunfts-Workshop.“
Auch der Rettungsdienst soll weiterhin ein Teil der Unternehmensgruppe bleiben. Thilo Spychalski: „Der Rettungsdienst ist ein bunter Strauß an Herausforderungen. Die Mitarbeiter leisten aber Großes in schweren Zeiten. Selbst die leitenden Angestellten fahren im Rettungsdienst mit, um die Versorgung aufrecht zu erhalten. Klar ist, dass der Rettungsdienst Teil der Unternehmensstruktur bleiben soll. Dazu bekenne ich mich. Zunächst tue ich erst einmal alles dafür, dass hier Ruhe einkehrt. Für das Havelland ist es ein wichtiges Thema: Wann kommt der Rettungsdienst, wenn etwas passiert?“
Ein letztes „Ärgernis“ bildet der Corona-Bonus für Pflegekräfte,der vom Bund noch in diesem Jahr über die Klinik ausbezahlt wird. Da geht es um bis zu 2.500 Euro – steuerfrei pro Pflegekraft. Thilo Spychalski: „Diesen Bonus bekommt wegen der gesetzlichen Vorgaben leider nicht jede Pflegekraft: Von 750 Vollkräften würden bei uns 500 leer ausgehen. Das kann man so nicht machen, das stört den Betriebsfrieden. Das ist gut gedacht, aber nicht gut gemacht. Wir prüfen, ob wir in unseren Einrichtungen aus eigenen Mitteln ausgleichen können.“ (Text/Fotos: CS)
Dieser Artikel stammt aus „Unser Havelland“ Ausgabe 201 (12/2022).
Der Beitrag Thilo Spychalski ist 100 Tage im Amt: Erste Bilanz als neuer Chef der Havelland Kliniken erschien zuerst auf Unser Havelland (Falkensee aktuell).