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Channel: Seite 13 – Unser Havelland (Falkensee aktuell)
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Kino-Filmkritik: Willkommen in Marwen

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Was für ein Film! Regisseur Robert Zemeckis verfilmt die authentische Lebensgeschichte des talentierten Zeichners Mark Hogenkamp (Steve Carell), der nach einem Kneipenbesuch von fünf Männern ins Koma geprügelt wird. Weil er es gewagt hat, Frauenschuhe zu tragen, „um die Essenz der Frauen zu erfahren“.

Als Mark wieder aufwacht, hat er sein ganzes Leben vergessen – und leidet unter extrem großen Angstzuständen.

Die verarbeitet er in einer einzigartigen Kunstinstallation. In seinem Vorgarten entsteht mit der Hilfe von modifizierten Puppen und Häusern das belgische Dorf Marwen. Hier verteidigen sich wunderschöne Frauen gegen die anrückenden Nazis im 2. Weltkrieg. In seiner Puppenwelt inszeniert sich Mark selbst als tapferer Kriegsheld Captain Hogie (natürlich in Frauenschuhen) und verarbeitet so seine komplexen Emotionen. Bestechend ist, dass alle Frauen in Marwen starken Frauenbildern aus Marks direkter Nachbarschaft nachempfunden sind. Als mit Nicol eine neue Nachbarin (Leslie Mann) gleich gegenüber einzieht, ist Mark sofort fasziniert – und arbeitet an einer neuen Puppe.

„Willkommen in Marwen“ ist ein sehr emotionaler und emphatischer Film, der eine sehr ungewöhnliche Geschichte zu erzählen hat. Wer sich knapp zwei Stunden auf sie einlassen kann, bekommt eine Lehrstunde in Sachen Fantasie und eine Lektion in Menschlichkeit und Toleranz verabreicht. Steve Carell gebührt für seine ebenso grandiose wie auch feinfühlige Schauspielleistung eigentlich ein Oscar.

Sehr sehenswert sind auch die vielen Tagtraum-Episoden, wenn Mark in Stressituationen immer wieder in sein heroisches Alter Ego schlüpft und zusammen mit seinen Kriegerinnen gegen die brutalen Prügel-Nazis kämpft. Diese Szenen werden von Zemeckis in einer ganz besonderen Technik dargestellt. Hier erscheinen die Puppen weiterhin wie ganz normale Puppen mit starren Händen und sichtbaren Gelenken. Sie erhalten aber auch die feine Mimik der Schauspieler, sodass noch nie zuvor gesehene Animationen die Folge sind.

Trotz der starken Frauenauftritte in der Puppenwelt bleiben ihre realen Vorbilder in der echten Realität leider sehr blass im Film. Hier hätte Zemeckis noch für etwas mehr Tiefe sorgen können. So bleibt „Willkommen in Marwen“ ein großer Solotrip von Steve Carell. Der ist aber so einzigartig inszeniert, dass man sich nur zu gerne auf seine Welt einlässt. Völlig wurscht, ob Captain Hogie nun gern Frauenschuhe trägt oder nicht. Aber in der realen Welt wird man eben leider schon für weniger verprügelt. (CS / Bild: © Universal)

Tipp: 5 von 5 Sternen
FSK: ab 12 Jahren
Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=rR81I40YdB4

Dieser Artikel stammt aus „FALKENSEE.aktuell – Unser Havelland“ Ausgabe 157 (4/2019).

Der Beitrag Kino-Filmkritik: Willkommen in Marwen erschien zuerst auf FALKENSEE.aktuell.


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