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Channel: Seite 13 – Unser Havelland (Falkensee aktuell)
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In Falkensee befragt: Désirée Nick

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Désirée Amneris Saskia Pamela Aida Nick wurde 1956 in Berlin-Charlottenburg geboren. Mit einer klassischen Ballettausbildung gehörte sie zum Ensemble der Deutschen Oper Berlin und der Staatsoper München. Als Revuegirl trat sie zwei Jahre im Pariser Lido auf. Anschließend studierte sie katholische Theologie für das Lehramt und unterrichtete einige Jahre. In Arthur Schnitzlers „Reigen“ fand sie auf die Bühne zurück.

Nach einer Schauspielausbildung in London kehrte sie nach Berlin zurück – und startete als provokante Kabarettistin durch. 1993 führte sie ihr erstes Soloprogramm auf. Im Jahr 2000 veröffentlichte sie ihr erstes Buch „Bestseller einer Diva“. Im Fernsehen gewann sie 2004 die Dschungelkrone bei „Ich bin ein Star – holt mich hier raus“. 2015 war sie Kandidatin bei „Promi Big Brother“.

Seit 2015 wohnt „The Nick“ in Falkensee. Hier tritt sie erstmals am 1. März in der Stadthalle auf. FALKENSEE.aktuell bat die Kabarettistin und Buchautorin zum Interview.

Liebe Frau Nick, wie kommt es, dass Sie nach Falkensee gezogen sind?
Ich habe das Objekt gefunden, was ich gesucht habe. Es sollte nicht weiter entfernt von Berlin sein als fünf Kilometer, sodass ich mein gesamtes Berufsleben bequem abwickeln kann, da mein Lebensmittelpunkt immer noch Berlin ist. Dort befinden sich mein Büro, meine Probenräume, meine Kollegen, die Theater und die Medienlandschaft, für die ich täglich im Einsatz bin. Falkensee ist eher das Wochenenddomizil und ein Zufluchtsort.

Was hat Sie an unserer kleinen Stadt begeistert?
Vor allem, dass es eine Gartenstadt ist. Und schwupps verlässt man Spandau, ist man schon in einer anderen Welt. Für mich als West-Berliner Mauerkind ist es immer noch eine Sensation, Felder zu sehen. In Falkensee ertappe ich mich wieder dabei, mit dem Finger auf Flugzeuge zu zeigen, eine Sache, die in Berlin nie passieren würde. Man bleibt stehen und betrachtet Schafe. So was kenne ich gar nicht. In Berlin bleibt man stehen und betrachtet buntkarierte Menschen. Wo in der Hauptstadt kann man sich als Gärtnerin schon in einem solchen Maße entfalten? Hier herrschen einfach andere Prioritäten, zum Beispiel, die Tonnen pünktlich an den Straßenrand zu wuchten – und das ist für mich ein sehr gesunder Ausgleich.

Lässt man Ihnen in Falkensee genug Freiraum und Privatsphäre? Die Berliner sind ja mit ihren Promis recht entspannt. Gilt das auch für die Falkenseer?
Ich schätze es enorm, dass sich in Falkensee niemand nach mir umdreht und es den Leuten herzlich egal ist, ob ich nun geschminkt bin, ob die Haare sitzen oder nicht. Ich wurde hier auch noch nie nach einem Selfie gefragt! Das ist eine wertvolle Sache, weil wenn man das ablehnt, wird man heutzutage als Promi gleich als „Arschloch“ beschimpft und erntet einen Shitstorm. Ich muss aber auch dazusagen, dass ich ein Charakter bin, der sich nie über andere stellt, nicht auf Menschen herabblickt oder sich gar für was Besseres hält. Ich glaube, die Menschen haben verstanden, dass ich nicht die große Welle mache und sehr unkompliziert und bodenständig bin, und so werde ich hier auch behandelt. Außer in diesem einen Shop am Bahnhof. Da gab es eine Riesenbrüllerei, weil die Inhaberin mich als „dumme Sau“ beschimpft hat, weil ich meinen Wagen neben ihrem Auto geparkt habe. Sie hat die Hände in die Hüften gestemmt und gepöbelt wie auf der Kabarettbühne. Ich habe zurückgeschrien – es war sehenswert! Eine furchtbare Frau!

Sind Sie denn selbst viel in Falkensee unterwegs?
Wichtige Kopien ziehe ich jetzt immer in dem sehr netten Schreibwarenladen hinter der Brücke, da haben die Verkäuferinnen so geile Haarschnitte. Da, wo auch die Post ist. Die Ecke mag ich. Da kriegt man viel gebacken, einmal die Runde machen von Rewe und noch ins Fotogeschäft gegenüber, dann vorbei bei meiner Bank, ein Latte im Thonke und dann ordentlich zuschlagen bei Rossmann. Das sind so meine Hausfrauentage und ohne die würde ich verrückt werden. Ich bin immer auf derselben Tour unterwegs. Um den See herum gehe ich natürlich auch oft spazieren und ich liebe es dort. Schaue auch gerne in andere Gärten! Bei allen Italienern bin ich auch bekannt und einen Tisch habe ich noch immer gekriegt.

Die Mediengesellschaft ändert sich zurzeit gravierend. Die Tageszeitungen verlieren an Auflage, das Fernsehen wird immer trivialer, die Streaming-Dienste sind im Kommen. Wie arrangieren Sie sich mit den neuen Medien?
Ich schreibe darüber gerade ein ganzes Buch: „NEIN ist das neue JA“. Wenn man da nicht selektiert, geht man unter. Das menschliche Hirn ist für diese Informationsflut gar nicht gemacht, zumal das meiste eh nur Müll ist, ebenso wenig wie für 5000 liebe Freunde. Wer diese ganzen Portale und Plattformen des Social Networking bedient und nebenbei noch seine Steuer macht, der kann ja den Beruf an den Nagel hängen. Früher hieß es, die Stasi ist unterwegs, heute stellen alle freiwillig ihr Privatleben ins Netz und lassen sich in die gute Stube und auf den Teller schauen. Mitsamt Familie und Kindern, Privatsphäre gibt es eigentlich gar nicht mehr, viele posten ja auch ihre Geschlechtsteile, das ist keine Seltenheit. Gilt bei vielen als ganz normal. Es ist schon abartig, was sich da für ein Verfall eingestellt hat. Und wenn man sich nicht abzugrenzen weiß, wird man überrollt von den Interessen anderer. Gott sei dank gibt es Kunst und Theater und Kulturveranstaltungen, um authentisch am Leben teilzuhaben und das Wahrhaftige zu genießen!

Ihr Humor ist oft ein sehr feiner, der auch ein gewisses intellektuelles Verständnis voraussetzt. Aber stirbt das schlaue Publikum nicht langsam aus, das hinter Ihre Spitzen schauen kann?
Davor habe ich auch Angst, weil es heutzutage nicht dämlich genug zugehen kann. Nehmen Sie diese neue Dschungelqueen, diese unverschämte Anspruchshaltung, nur weil man die unbegabte Halbschwester von jemanden ist, der von Mutti gepushed wird. Heute gibt es Promis, deren Namen gar keiner kennt. Die neue Dschungel-Königin zum Beispiel, Kollegin will ich sie gar nicht nennen: Talentfrei, humorfrei, nicht mal ein heißer Feger, keinerlei Projekte am Start, hält „was mit online“ für ihren Beruf, hat aber eine Anspruchshaltung, die eben nur sehr unterbelichteten Exemplaren zueigen ist. Wer da angerufen hat, das sind ja alles Leute, die zu so was noch aufschauen, als wäre es ein Idol. Leider ist jegliches Qualitätsbewusstsein durch die TV-Programme abhanden gekommen und letztlich geht es eben nur um Quote, egal, zu welchem Preis. Die Quoten stimmen aber inzwischen auch nicht mehr, weil, wenn man den Leuten nur immer Scheiße serviert, gewöhnen sie sich zwar dran, aber nach einer Weile stößt ihnen das übel auf und sie merken, dass sie verarscht werden. Aber solange noch ein paar Trantüten auf dem Sofa vor den ausgenudelten Formaten einschlafen können, stimmen die Werbeeinnahmen. Denn wir gucken ja Werbung statt Sendungen, die Shows sind ja nur noch der Einspieler für das Wesentliche. Unterhaltung ist das nicht mehr. Es ist traurig, denn das gute alte Familienfernsehen, wo man auf dem Schoß von Oma saß und zu Rudi Carrell gekuschelt und gelacht hat, und wenn man ganz artig war, sogar noch Volksmusik schauen durfte, das hat sich endgültig selbst abgeschafft.

In der Falkenseer Stadthalle lesen Sie am 1. März aus Ihren Büchern. Erzählen Sie mehr!
Ich habe zehn Bücher geschrieben und biete ein „Best of“ aus meinen Bestsellern. Da ich ja der Babyboomer-Generation entstamme, weiß ich, dass die meisten Deutschen so alt sind wie ich: Wer also was gegen die 50+-Generation sagt, der legt sich mit 60 Millionen Deutschen an. Andere gibt‘s ja fast gar nicht mehr. Deswegen sind meine Dauerbrenner „Gibt es ein Leben nach 40“ und „Gibt es ein Leben nach 50“. Ich lese aber auch aus meinem Buch „Säger und Rammler“, wo es viel um Brandenburg geht und auch um die Renovierung und den Kauf und Umbau meines Hauses. Es wird auf jeden Fall sehr lustig und hochamüsant werden, ich würde mal sagen, es droht ein Volksfest!

Gelingt es in der Medien- und Celebritywelt eigentlich, echte Freundschaften zu schließen, die den Roten Teppich überdauern? Wer hat Sie denn schon in Ihrem Haus in Falkensee besucht?
Ach, hier sind doch ständig Promis: Wir haben hier ja auch „Shopping Queen“ gedreht und „Promi Dinner“. Der Guido Maria war ja auch schon bei mir, ebenso wie Wowereit und Wolfgang Joop. Meine Freundschaften sind dann aber eher aus dem Bereich Politik und Adel, die Kolleginnen vom Trash-Fernsehen sind ja alle so furchtbar neidisch und kriegen einen Anfall, wenn sie meinen Garten und meinen Schuhschrank sehen, ich mag die gar nicht mehr einladen. In mein Haus kommen nur sehr anständige und liebe Menschen, denn dort herrscht gutes Karma, da haben die Schießbudenfiguren der Berliner-Hartz-IV-Gesellschaft keinen Zutritt – die können ja auf dem roten Teppich ihre Zelte aufschlagen, oftmals haben sie ja wirklich keine Bleibe! (Fotos: CS)

Der Beitrag In Falkensee befragt: Désirée Nick erschien zuerst auf FALKENSEE.aktuell.


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