Der Landkreis Havelland hat in den letzten Jahren ein neues Buskonzept entwickelt, um deutlich mehr Strecke und Vielfalt auf die Straße zu bringen. Eine bessere Taktung und ganz neue Busverbindungen unterfüttern den Versuch, mehr Menschen zum Einsteigen in den Bus zu bewegen. Aber reicht das aus? Die Gemeinde Wustermark ging nun ins Feintuning und lud die eigene Anwohnerschaft am 9. Juni dazu ein, in der perfekt passenden Kulisse eines historischen Berliner Busses eigene Wünsche und Ideen beizutragen.
Da staunten die Wustermarker aber nicht schlecht. Am 9. Juni stand plötzlich ein historischer gelber Berlin-Bus vor ihrem REWE. Hinter dem Steuer – Bürgermeister Holger Schreiber.
Ihm war es ein besonderes Anliegen, die Bürger von Wustermark, die Pendler und auch die Gäste der Gemeinde zu befragen: Wie zufrieden sind sie eigentlich mit dem aktuellen Stand des Öffentlichen Nahverkehrs im Ort? Und was ließe sich denn noch verbessern?
Grätscht die Gemeinde hier in das gerade erst aufgestellte neue Buskonzept vom Landkreis hinein, das den ÖPNV in der Region deutlich erweitert und auch aufgewertet hat? Holger Schreiber: „Auf keinen Fall möchten wir ein Störfaktor sein. Ganz im Gegenteil. Unsere Aktion ist mit dem Landkreis Havelland und mit dem Unternehmen Havelbus abgestimmt. Einen Sonderweg Wustermark gibt es nicht. Wir gehen nur ins Feintuning und fragen: Wo ist weiterer Bedarf vorhanden? Was ist noch machbar? Wir erheben vor Ort konkrete Ideen und Vorschläge und geben diese an den Landkreis weiter, wo sie noch einmal begutachtet und anschließend hoffentlich auch umgesetzt werden.“
Alexis Schwartz, der in der Verwaltung für die ÖPNV-Planung zuständig ist: „Das von uns erstellte ÖPNV-Konzept ist natürlich rechtlich nicht bindend. Es ist eine fundierte Untersuchung des Ist-Zustands, die Potentiale v.a. des Busverkehrs in und durch Wustermark aufzeigt und konkrete Maßnahmen vorschlägt, die der Landkreis dann möglichst bestellt. Im Grunde ist es auch eine Arbeitserleichterung für den Landkreis.“
Die Bürger hatten also die einmalige Chance, der Gemeinde Wustermark bei der Erarbeitung des kommunalen ÖPNV-Konzepts zu helfen.
Alexis Schwartz: „Wustermark erfährt aktuell und in den kommenden Jahren einen überdurchschnittlichen Zuwachs an Einwohnern, Beschäftigten und Freizeitgästen, sodass der Bus- und Bahnverkehr in mehreren Etappen mitwachsen und die Mobilitätswende ein großes Stück voranbringen soll.“
Der Bus machte am 9. Juni nacheinander an den drei Stationen REWE Wustermark, Bahnhof Wustermark und Bahnhof Elstal Station, sodass möglichst viele Gemeindebewohner die Möglichkeit hatten, sich ohne weite Wege direkt einzubringen. Parallel dazu führte das beauftragte Unternehmen Mobility Institute Berlin online eine Befragung unter www.wustermark.de/nahverkehr durch. Hier wurden die Teilnehmer der virtuellen Umfrage gefragt, welche Verkehrsmittel sie regelmäßig nutzen, wie oft öffentliche Verkehrsmittel frequentiert werden und für welche Wege der ÖPNV hauptsächlich genutzt wird.
Die Wustermarker konnten sich online ebenso wie vor Ort am historischen Bus auch Busverbindungen wünschen, die bislang noch nicht umgesetzt wurden. Holger Schreiber: „Wir sind dem Landkreis sehr dankbar, dass Havelbus für uns bereits eine Busverbindung zwischen Wustermark und Ketzin eingerichtet hat. Die Bewohner haben sich nun auch noch eine bessere Busanbindung in der Achse nach Falkensee und Brieselang gewünscht. Auch die Busanbindung an das GVZ ist ein großes Thema. Gerade die Auszubildenden ohne Auto haben das Problem, die letzte Meile auf dem Weg zu den großen Firmen und Logistikern meistern zu müssen.“
Der Blick auf den ÖPNV ist übrigens bereits das vierte Modul, das sich die Wustermarker im Rahmen eines Verkehrskonzeptes vornehmen. Im Modul 3 ging es um die Radwege in der Gemeinde. Holger Schreiber: „Da gab es über 300 Eingaben der Bewohner.“
Beim Thema Bus ging es in Wustermark übrigens nicht nur um neue Busstrecken oder eine andere Taktung. Holger Schreiber: „Uns ging es auch um die Zuwegung zu den Bushaltestellen, um eine mögliche Überdachung des Wartebereichs und um das Thema Sicherheit. Das sind aber alles Bereiche, die allein in der Verantwortung der Gemeinde Wustermark liegen.“
Die Eingaben der Bürger werden bis Anfang Juli durch das Mobility Institute Berlin ausgewertet. Anschließend soll es noch einen Sonder-Workshop mit Delegierten der Gemeindevertretung geben. Im November wird das Gesamtkonzept mit allen Änderungswünschen der Gemeindevertretung vorgestellt.
Holger Schreiber: „Wir erwarten hier ein sehr detailliertes Verkehrskonzept. Wird es von der Gemeindevertretung abgenommen, geben wir es an den Landkreis weiter.“
Zu Wustermark gehören neben dem GVZ auch die beiden Publikumsmagnete Karls und das Designer Outlet Berlin. Holger Schreiber: „Hier haben wir einen ganz atypischen ÖPNV-Verkehr zu Uhrzeiten, die nichts mit dem normalen Berufsverkehr zu tun haben. Diesen Verkehr müssen wir aber auch in unseren Planungen bedenken. Beide Unternehmen beteiligen sich auch finanziell und helfen dabei, dass die Anbindung der beiden Hotspots an den öffentlichen Nahverkehr gelingt. Hier ist es die Aufgabe des Bürgermeisters, mit der Querfinanzierung und den besonders hohen Nutzerpotentialen den Standard für die Einwohner Elstals, die ja auch einige Mehrbelastungen haben, auf ein höheres Niveau zu bringen. Eine Möglichkeit wäre etwa eine im Kreis führende Busverbindung für Elstal.“ (Text/Fotos: CS)
Dieser Artikel stammt aus „Unser Havelland“ Ausgabe 196 (7/2022).
Der Beitrag Wustermark: Bürgerbeteiligung findet im historischen Bus statt! erschien zuerst auf Unser Havelland (Falkensee aktuell).