Ach herrjeh: Darf man in unserer neuen politisch korrekten, empathischen und durchgegenderten Welt eigentlich noch darüber lachen? Über die Jackass-Truppe um Johnny Knoxville, die in ihren Filmen die ganze Zeit über kranke Stunts vollführt, die meilenweit von jedem guten Geschmack entfernt sind, die sich gegenseitig eine Menge Schmerzen zufügt und sich nie zu schade ist, sich unangemessen über Dritte lustig zu machen?
Fakt ist: Den „kranken Scheiß“ macht die Jackass-Clique nun schon seit 22 Jahren. Damals wurde die allererste TV-Folge auf MTV präsentiert. Regisseur war bereits damals Jeff Tremaine, der die durchgeknallten Stuntmen in mehreren Filmen auch noch ins Kino brachte. Nun kam – 12 Jahre nach „Jackass 3D“ – ein neuer Film heraus: „Jackass Forever“.
Nun, Ryan Dunn ist 2011 bei einem Autounfall gestorben und Bam Magera wurde wegen seiner Drogenprobleme aus dem Team geworfen. Aber all die anderen Knallköpfe um Johnny Knoxville, Steve-O, Chris Pontius, Preston Lavy, Wee Man, Dave England und Ehren McGhehey sind nun wieder da.
Und schon nach wenigen Minuten im Film weiß man: Die Jungs mögen inzwischen alle um die 50 Jahre alt sein, altersweise sind sie jedenfalls nicht geworden. Und schon explodieren einmal mehr gut gefüllte Klohäuschen, wird ein Sackschutz am lebenden Objekt einer Extremmaterialprüfung unterzogen, landen dicke Menschen fast nackt in einem Kaktusfeld und werden Skorpione herangezogen, um Lippen auf ungewöhnliche Art und Weise aufzuspritzen. Elektroschocker, Paintball-Pistolen, Mausefallen und aggressive Schlangen werden ebenso eingesetzt, um die Gangmitglieder immer wieder aufs Neue zu malträtieren und zu misshandeln.




Macht dies Freude? Man darf es nicht laut sagen – aber ja, das tut es. Die Jungs haben einfach so einen kindlichen Spaß daran, sich gegenseitig die fiesesten Streiche zu spielen, dass man das eine oder andere Mal spontan losprusten muss. Nur um dann sofort innezuhalten, weil das doch nur von einem ganz ganz schlechten Charakter zeugen kann. Zumindest erkennt einen im Kino niemand. Und nach dem ganzen Corona-Mist der letzten beiden Jahre ist „Jackass Forever“ vielleicht auch genau die richtige Medizin, um einmal alle schlimmen Energien loszuwerden.
Auch der neue Film besteht wieder aus kurzen Sequenzen, von denen manche kaum eine Minute lang sind. Es ist ein Wunder, dass es die inzwischen ergraute Truppe geschafft hat, so viel Material zu filmen, dass es für einen ganz neuen Kinofilm reicht.
Aber ganz ohne Zugeständnisse an die moderne Zeit kommt auch „Jackass Forever“ nicht aus. Mit Rachel Wolfson ist nun endlich auch eine Frau mit an Bord. Sie kann einen aufgrund der vielen nackten Penisse im Film schon ein wenig leid tun. Aber sie ist taff und macht eine Menge krasser Stunts mit. Trotzdem wirkt sie wie ein Fremdkörper im Team. Wie kommt das? Im Gegensatz zu den anderen Jackass-Freaks macht sie zwar alles mit, jammert aber nicht, während die Jungs heulen, winseln, flennen, weinen und sich im nächsten Moment wieder wie Bolle freuen, dass ein Stunt gelungen ist. Im Gegensatz zu ihren neuen Freunden hat Rachel Wolfson also ihre Würde noch nicht verloren. Und Würde ist schließlich etwas, von dem die Jungs noch nie gehört haben. Dies ist ein Film eines schon bald komplett aussterbenden Genres. Ein Wunder, dass er es noch in die Kinos geschafft hat. (CS / Bilder: Paramount)
Fazit: 4 von 5 Sterne (FSK 16)
Spieldauer: 96 Minuten
Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=Kenq_0f34ac
Dieser Artikel stammt aus „Unser Havelland“ Ausgabe 193 (4/2022).
Der Beitrag Kino-Filmkritik: Jackass Forever erschien zuerst auf Unser Havelland (Falkensee aktuell).