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Channel: Seite 13 – Unser Havelland (Falkensee aktuell)
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Havelland aufgepasst: Grundsteuerreform für Hausbesitzer in Brandenburg!

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Da kommt etwas auf die Grundstücksbesitzer im Havelland zu! Ab Juli 2022 möchten die Finanzämter sämtliche Grundstücke in Deutschland in Augenschein nehmen, um ihren aktuellen Wert abhängig von Lage und Größe neu zu bemessen. Die dabei erhobenen Zahlen sollen ab 2025 von den Städten und Gemeinden genutzt werden, um eine komplett neue Grundsteuer zu berechnen.

Wer im Land Brandenburg Grundbesitz hat, sollte sich schon jetzt schlau machen. 1,8 Millionen Grundstücke werden allein in diesem Bundesland neu von den Finanzämtern bewertet, um ab 2025 eine neue Grundsteuer erheben zu können.

Die Reform der bestehenden Grundsteuerberechnung konnte nicht länger umgangen werden, nachdem das Bundesverfassungsgericht die bis dahin durchgeführte Bemessung der Grundsteuer im Jahr 2018 für verfassungswidrig erklärt hat. Das alte Verfahren basierte nämlich auf Wertverhältnissen, die seit Jahrzehnten nicht mehr auf den neuesten Stand gebracht worden sind. Nun haben sich aber die Werte der Grundstücke je nach Lage durchaus unterschiedlich entwickelt. Will sagen: Ein Grundstück in Falkensee ist heute deutlich mehr wert als eine Liegenschaft in Ketzin. Rechnet man beide Grundstücke allerdings gleich ab, führt das zu einer Ungleichbehandlung bei der Besteuerung. Das Verfassungsgericht hat deswegen den Gesetzgeber damit beauftragt, für eine sachgerechte Neuregelung zu sorgen.

Wer im Land Brandenburg über Grund und Boden verfügt, darf sich nicht zurücklehnen und auf eine Benachrichtigung vom Finanzamt warten, ob in Zukunft nun mehr oder weniger Steuer bezahlt werden muss. Stattdessen müssen diese Personen eine sogenannte „Grundsteuerwerterklärung“ abgeben – für alle Grundstücke, die zum Stichtag 1. Januar 2022 in ihrem Eigentum waren.

Bislang hat das Land Brandenburg in der Vergangenheit über die Kommunen 282 Millionen Euro an Grundsteuern pro Jahr eingesammelt. Ziel soll es bei der Reform nicht sein, dass eine Kommune nun mehr Grundsteuern einnimmt – es soll eben nur „sozial gerechter“ zugehen. Die Kommunen sollen ggf. über geringere Hebesätze für einen Ausgleich sorgen. Ob dies angesichts explodierender Gründstückspreise realistisch ist, wird die Zukunft zeigen.

Wichtig ist es für die Grundstücksbesitzer zunächst einmal, sich um die verlangte Grundsteuerwerterklärung zu kümmern. Glück haben die Haus-und-Hof-Besitzer, die bereits mit einem Steuerberater zusammenarbeiten. Sie können sich hier darauf verständigen, dass sich der Steuerberater um diese Angelegenheit gleich mit kümmert. Wer keinen Steuerberater hat, muss eben selbst Hand anlegen.

Was es mit der neuen Berechnung auf sich hat und welche Angaben in der Grundsteuerwerterklärung nötig sind, erläutert ab sofort die neue Internetseite grundsteuer.brandenburg.de, mit der Brandenburgs Finanzverwaltung über die Reform informieren möchte.

Hier steht zunächst einmal: „Mit der Grundsteuerreform findet ein Übergang von der Nutzer- zur Eigentümerbesteuerung statt. Bei Gebäuden auf fremdem Grund und Boden (z. B. Garagen und Gartenlauben) bedeutet dies, dass nur noch die Eigentümerin bzw. der Eigentümer des Grund und Bodens und nicht mehr der Nutzende eine Grundsteuerwerterklärung abgeben muss.“

Es gilt die Pflicht, die Grundsteuerwerterklärung zwischen dem 1. Juli und dem 31. Oktober 2022 abzugeben. In Brandenburg sollen zwischen Mai und Juni Informationsschreiben verschickt werden, die alle wichtigen Angaben zur Grundsteuer enthalten. Hier wird auch ein Aktenzeichen aufgeführt, das man in die eigene Erklärung übernehmen muss. Auf der Basis der eingereichten Daten erstellt das Finanzamt zwei Bescheide. Der Grundsteuerwertbescheid für den 1. Januar 2022 wird von der Stadt oder der Gemeinde verwendet, um die individuelle Grundsteuer festzulegen. Daraus folgt der Grundsteuermessbescheid für den 1. Januar 2025. Ab dann muss die neue Steuer bezahlt werden.

Wichtig ist, dass die Eigentümer ihre Grundsteuerwerterklärung auf elektronischem Weg an das Finanzamt übermitteln müssen. Zu diesem Zweck kann jede passende Steuer-Software oder aber „Mein ELSTER“ (www.elster.de) genutzt werden. Nur in Ausnahmefällen nimmt die Steuerverwaltung die Erklärung auch in Papierform entgegen, so heißt es auf der Homepage. Entsprechende Formulare sollen ab Juni 2022 bereitstehen.

Welche Daten müssen die Grundstücksbesitzer für das Formular bereithalten? Neben dem bereits erwähnten Aktenzeichen werden die Lage des Grundstücks (Ort, Straße und Hausnummer, Gemarkung, Grundbuchblattnummer, Flur, Flurstücknummer), die Grundstücks- und/oder Gebäudeart, die Grundstücksfläche, ggf. die Wohnfläche und der aktuelle Bodenrichtwert herangezogen. Die entsprechenden Daten finden sich in Bauunterlagen, Teilungserklärungen, Grundbuchauszügen oder Kaufverträgen.

Ab Mai 2022 möchte das Land Brandenburg auch ein Informationsportal für Grundstücksdaten einrichten: „Dort erhalten Sie nach Angabe der Flurstücksnummer oder Adresse den Bodenrichtwert und die Grundstücksfläche.“

Auf der Homepage grundsteuer.brandenburg.de findet sich auch eine Checkliste für Grundstückseigentümer, die man sich herunterladen kann. Sie hilft dabei, alle Daten und Unterlagen für die Grundsteuerwerterklärung zusammenzutragen. Offene Fragen können ab Mai unter der Hotline-Nummer 0331-20060020 oder im Chat auf der Internetseite gestellt werden.

Heide Gauert, Mitbegründerin der Eigentümerschutz-Gemeinschaft „Haus & Grund Falkensee“: „Ich mache mir große Sorgen. Bei den Grundstücksbesitzern handelt es sich in den meisten Fällen um alte Menschen, die oft genug nicht dazu in der Lage sind, mit dem Computer umzugehen. Wie sie ihre Grundsteuerwerterklärung abgeben sollen, das sehe ich noch nicht.“

Petra Grotstabel von der Falkenseer „Steuerkanzlei Grotstabel“ (www.steuerberatung-falkensee.com): „Eine Fristverlängerung bei der Abgabe der Grundsteuerwerterklärung ist nicht möglich. Laut dem Finanzministerium Brandenburg wird es aber einen Erinnerungslauf geben. Bevor dieses Erinnerungsschreiben nicht bei den Grundstückseigentümern eintrifft, sollten laut Finanzministerium keine Fristverlängerungsanträge gestellt werden.“

Ob sich die Steuerkanzleien jetzt schon auf die zusätzliche Arbeit vorbereiten können? Christian Grotstabel: „Wir bereiten uns selbstverständlich vor – trotz der Zusatzaufgaben, die wir bereits durch die Corona-Pandemie bewältigen müssen. Natürlich gibt es inhaltliche Fragen, auf die es bisher keine Antworten der Verwaltung gibt – und auch die Software-Programme stehen noch nicht endgültig zur Verfügung. Unser Software-Partner, die DATEV e.G. hat so z.B. die Marktfreigabe des entsprechenden Programm-Moduls für den 4. April angekündigt. Wir werden also alle zusammen lernen, wie wir das bewältigen können.“

Wie schlimm wird es? Petra Grotstabel: „Grundsätzlich ist die Neubewertung von etwa 35 Millionen Grundstückseinheiten in ganz Deutschland im gesetzten Zeitfenster ein mehr als ambitioniertes Vorhaben. In den Kanzleien kommt natürlich noch dazu, dass die Bearbeitung in den Sommermonaten stattfinden soll, in denen alle Mitarbeiter auch ihren Hauptjahresurlaub nehmen. Diesen werden wir den Mitarbeitern bei uns auch ohne jede Einschränkung gewähren, da die Belastungen in den vergangenen zwei Jahren der Pandemie bereits über das normale Maß hinausgingen und alle auch etwas Erholungszeit brauchen. Wie schlimm es tatsächlich in unserer Kanzlei wird, können wir schlecht abschätzen, da wir nicht wissen, wie viele Anfragen uns tatsächlich erreichen werden. Letztlich arbeiten aber auch in der Verwaltung freundliche Menschen, mit denen man im vernünftigen Umgang Lösungen finden wird. Wir sind also zuversichtlich.“

Was machen eigentlich Senioren, die es nicht schaffen, sich bei ELSTER zu registrieren? Christian Grotstabel: „Da wird es vermutlich auch nur sehr schwer oder tatsächlich gar keine Ausnahmen geben. Wir kennen das Thema ja schon z.B. von den Einkommensteuererklärungen. Diese Personen werden sich Hilfe suchen müssen.“

Es kommt also jede Menge Bürokratie auf die Grundstücksbesitzer zu. Und mit etwas Pech sind am Ende auch mehr Steuern zu zahlen. (Text/Fotos: CS)

Dieser Artikel stammt aus „Unser Havelland“ Ausgabe 193 (4/2022).

Der Beitrag Havelland aufgepasst: Grundsteuerreform für Hausbesitzer in Brandenburg! erschien zuerst auf Unser Havelland (Falkensee aktuell).


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