Es heimatet wieder in Falkensee. Am 28. November wurde das neue Heimatjahrbuch 2022 für Falkensee und Umgebung vorgestellt. Erstmals wurde als Ort für die Präsentation neuer Geschichten und Artikel nicht das Museum gewählt. Stattdessen fanden sich 45 interessierte Zuhörer zur Premierenlesung im Falkenseer ALA-Kino ein. Und das nicht ohne triftigen Grund: Dana Manthey hat die Historie des Kinos aufgeschrieben.
Manche Geschichten sind einfach viel zu lang, um in die Zeitung zu passen. Das soll aber nicht bedeuten, dass sie es nicht wert wären, erzählt zu werden. Sie benötigen eben nur eine andere Form.
Seit dem Jahr 2000 gibt der Verein „Freunde und Förderer von Museum und Galerie Falkensee e.V.“ das Heimatjahrbuch heraus. Es wird immer von der lokalen Druckerei Bügler gestaltet und sehr hochwertig produziert, hat eine Auflage von eintausend Exemplaren und kostet ungeachtet der Seitenzahl 7,50 Euro. Der angesichts aller Teuerungen überaus faire Verkaufspreis wird möglich gemacht mit einem jährlichem Zuschuss der Stadt Falkensee in Höhe von 2.000 Euro. Viele lokale Unternehmen haben außerdem Werbeanzeigen geschaltet. Zu kaufen gibt es das A-4-Werk mit Klebebindung, Kunststdruckpapier und viel Farbe in den beiden Falkenseer Buchhandlungen „Kapitel 8“ und „Leseratte“, bei Thalia im Havelpark, im Bürgeramt oder direkt im „Museum und Galerie Falkensee“.
Das neue Werk ist mit 166 Seiten so umfangreich wie noch nie. Nicht nur aus diesem Grund hat das Redaktionsteam die interessierten Freunde der Publikation zur Neuvorstellung erstmals nicht direkt ins Museum eingeladen, sondern stattdessen in das lokale ALA-Kino bemüht. 45 Gäste fanden sich hier Ende November vor Ort ein, um mehr über die neuen Beiträge zu erfahren.
Dana Manthey, die zur Redaktion des Heimatjahrbuchs gehört, hatte sich für die neue Ausgabe tief in die Historie des Falkenseer ALA-Kinos hineingegraben und konnte dem Zeitstrahl bis ins Jahr 1921 folgen. Dana Manthey: „Damit feiern wir in diesem Jahr einhundert Jahre ALA-Kino. Auch wenn das Kino damals natürlich noch nicht so hieß. Sehr hilfreich für mich waren die Gespräche mit Klaus Steinborn, der das Kino nach der Wende bis ins Jahr 2006 hinein geführt hatte.“ Früher gab es übrigens einmal drei Kinos in Falkensee, darunter eins im Capitol.
Besonders fleißig war auch wieder Stammautor Manfred Schulz, der es im neuen Heimatjahrbuch gleich auf vier Beiträge brachte. Er schrieb über das „Kriegsgefangenenlager Döberitz“, verfasste einen Artikel über „Die Gedenkstätte Seeburg-Engelsfelde“ und recherchierte über „Die Mumien von Berge im Havelland“. Er wollte nicht selbst aus seinen Beiträgen lesen und so übernahm Torsten Bathmann als Leiter des Fördervereins den Vortrag über die „Weiße Maria von Rohrbeck“, die eine weinende Frau knieend auf einem Podest zeigt. Dabei handelt es sich um ein Denkmal, das so gut wie in Vergessenhet geraten ist und sich auf Privatbesitz in der Nähe vom Galgenberg befindet, sodass es auch nicht ganz so leicht aufzusuchen ist. Ein französischer Kriegsgefangener soll die „Weiße Maria“ 1917 errichtet und 1918 aufgestellt haben, um an seine gestorbenen Kameraden zu erinnern. Da in den Kriegsgefangenenlagern Döberitz und Dyrotz auch Menschen aus anderen Ländern gestorben sind, trägt die „Maria“ Inschriften in französischer, englischer, russischer und italienischer Sprache.
Torsten Bathmann: „Die ‚Weiße Maria‘ ist nicht in der brandenburgischen Denkmalliste vermerkt. Das Denkmal ist zurzeit sich selbst überlassen.“ Die ehemals weiße Patina, die der ‚Maria‘ ihren Namen gab, ist längst verschwunden. Grau-grün verwittert präsentiert sich die ‚Maria‘ zurzeit.
Museumschefin Gabriele Helbig: „Wir sollten mit unseren Denkmälern anders umgehen.“
Tilo Wiedemann packte gleich die nächste spannende Geschichte aus dem Heimatjahrbuch an: „Panzerteiche und Kiessee – Zur Geschichte und Bedeutung künstlicher Stillgewässer in Falkensee.“
Tatsächlich sind die beiden Panzerteiche gleich hinter der Geschwister-Scholl-Grundschule auch heute noch beliebte Ziele für Spaziergänge im Grünen. Im flachen Wasser wird geangelt, Kinder suchen nach im Wasser versenkten Panzern und alle fragen sich: Wie kamen die Teiche wohl zu ihrem Namen?
Nun, 1938 wurde in Falkensee ein Reichsbahnausbesserungswerk gebaut. 1942 wurde dieses Werk für die Rüstung umgenutzt: Die Demag erhielt den Auftrag, ein Panzerwerk einzurichten und zu betreiben. Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene schufteten damals in Kriegszeiten für die deutsche Rüstung. Für die Entwässerung der gewaltigen Dachfläche des Werks wurden zwei Becken im Norden des Werks ausgehoben – die Panzerteiche. Maximal zwei Meter sollten die Teiche damals tief sein. Heute sind sie verschlammt und aufgrund allgemeiner Trockenheit oft nur noch einen halben Meter tief.
Dr. Christoph Janssen schloss den ungewöhnlichen Buchvortrag im Kino mit einem Ausschnitt aus dem Artikel „Das Leben der Romana Katz oder der weite Weg von Dallgow-Döberitz nach Saint-Cyr-sur-Loire“ ab. Claudia Schmidt und Christoph Janssen hatten aufwändige Recherchen auf sich genommen, um den Lebens- und Leidensweg der in Dallgow-Döberitz aufgewachsenen Romana Katz nachzuzeichnen, deren jüdische Eltern im Holocaust umkamen.
Gabriele Helbig: „Kulturgeschichte, Natur, Baugeschichte, persönliche Schicksale – das neue Jahrbuch bietet viel Abwechslung und viele regional geprägte Geschichten.“ Wer erst in diesem Jahr auf das Heimatjahrbuch aufmerksam geworden ist, kann vereinzelne Ausgaben aus den letzten Jahren noch immer im Museum nachkaufen. Das Sammeln und Schmökern lohnt sich. Das ist Heimatgeschichte, die nicht in der Schule gelehrt wird. (Text/Fotos: CS)
Dieser Artikel stammt aus „Unser Havelland“ Ausgabe 190 (1/2022).
Der Beitrag Neue Geschichten aus dem ALA-Kino: Das Heimatjahrbuch 2022 für Falkensee und Umgebung ist erschienen! erschien zuerst auf Unser Havelland (Falkensee aktuell).